Hearthside Chat: Die Entstehungsgeschichte von Karazhans Schachpartie mit Peter Whalen

Hearthside Chat: Die Entstehungsgeschichte von Karazhans Schachpartie mit Peter Whalen

Die Party in Karazhan ist in vollem Gange! Eine Menge Spieler haben das wilde Durcheinander bei der Schachpartie erlebt – eigenständig angreifende Figuren, heranstürmende Springer und die Schummeleien des Gegners. Ihr habt zwar die finale Version kennengelernt, doch jetzt erklären wir euch, wie es dazu kam.


Als wir mit der Arbeit an Karazhan angefangen haben, listeten wir die wichtigsten Bossbegegnungen auf – die den Geist des Originals am besten verkörpern. Das einzigartige Erlebnis der Schachpartie in World of Warcraft katapultierte diese Begegnung an die Spitze unserer Liste. Ihr wurdet aus dem Körper eures Charakters in die Rolle einer Schachfigur versetzt und habt eine riskante und gefährliche Partie gegen den Geist von Medivh ausgetragen. Der schummelte. Und zwar nicht zu knapp. Das war ein außerordentliches und spaßiges Erlebnis, das im Gedächtnis geblieben ist.

Enemy-Hero-Power.pngWir wollten eine Möglichkeit finden, dem Spieler dieses Gefühl in Hearthstone erneut zu vermitteln – aufgepeppt durch unsere eigenen Elemente. Wenn ihr nicht mit Karazhans Schachpartie vertraut seid, hier eine kurze Zusammenfassung: Euer Deck besteht ausschließlich aus Schachfiguren. Am Ende des Zugs attackieren die meisten Figuren die direkt gegenüberliegende Karte. Wenn zwei Feinde gegenüberliegen, werden beide getroffen! Das Deck eures Gegners ist ganz ähnlich. Doch seine Heldenfähigkeit zerstört in jedem Zug euren am weitesten links platzierten Diener.

Es sollte das Gefühl einer Schachpartie entstehen. Aber wie macht man das? Im Gegensatz zu World of Warcraft ist Hearthstone bereits ein rundenbasiertes Strategiespiel. Wir mussten also einige der grundlegenden Unterschiede zu Schach finden, die wir hierfür verwenden konnten. Zunächst war da die Spielgeschwindigkeit, die beim Schach viel langsamer ist als bei Hearthstone. Pro Schachzug ist nur eine Aktion erlaubt. Schach folgt außerdem einem deterministischen Ablauf und man kann zu jedem Zeitpunkt alle Geschehnisse auf dem Spielfeld überblicken. In Hearthstone werden zufällige Karten gezogen. Unsere Ausgangspunkte waren also: eine Aktion pro Zug und ein viel weniger vom Zufall bestimmter Spielverlauf.

Zunächst entwarfen wir die Schachfiguren. Die Bauern waren billig und hatten Spott, die Läufer heilten ihre Nachbarn, Türme waren stark, Königinnen am stärksten und die Springer konnten Spott ignorieren. Euer Deck bestand aus einem normalen Schachset (8 Bauern, 1 Königin, und 2 von allen anderen) und es gab zwei besondere Regeln. Anstatt jeden Zug nur eine Karte zu ziehen, kam die Entdecken-Mechanik zum Einsatz (ihr konntet also eine aus drei Karten auswählen). Außerdem konnte nur eine Figur pro Zug angreifen.

zzNEUTRAL_KAR_A10_01_BlackPawn.png

Es kamen noch eine Menge weiterer Dinge hinzu: Die Heldenfähigkeit jedes Spielers hat einem der Diener bis zum Ende des Zugs Angriff verliehen. In jedem Deck gab es eine gewisse Anzahl besonderer Zauber wie Bauernsturm, womit alle eure Bauern im aktuellen Zug angreifen konnten. Der Gegner hat zusätzlich auf radikale Weise geschummelt, immer wenn er in Bedrängnis kam (hoher Lebensverlust, eine starke Figur verloren usw.). Dann hat er beispielsweise einen eurer Diener vernichtet oder eine eigene Figur wiederbelebt.

Aus dieser Version konnten wir eine Menge lernen. Es fühlte sich ganz anders als Hearthstone an. Das Spiel wurde stark verlangsamt, da man nur einmal pro Zug angreifen konnte. Die meisten eurer Figuren waren außerdem unwichtig – mit dem Turm konnte die gegnerische Bauernlinie Zug um Zug angegriffen werden. Durch die Spezialkarten wurde es zwar etwas interessanter, doch wir wollten auch das grundlegende Spielerlebnis so amüsant wie möglich machen. Wir wollten den Türmen und Königinnen auch ein paar besondere Effekte verleihen, um das Spiel ein bisschen interessanter zu gestalten.

Weißer TurmWenige Monate vorher arbeitete das gesamte Hearthstone-Team an eigenen Projekten. Wir hatten völlig freie Hand und wollten neue Funktionen ausprobieren, um das Spiel zu verbessern. Ein paar Mitarbeiter entwickelten ein Kartenchaos mit einer sehr coolen Spielmechanik: Diener, die jeden Zug automatisch angegriffen haben. Das schien ideal für uns zu sein – so wurde die Besonderheit des Turms betont und verhindert, dass bei nur einem Angriff pro Zug Langeweile aufkommt.

Also haben wir dem Turm den automatischen Angriff verliehen und spielten ein paar Partien. Es fühlte sich einfach toll an! Nur mit einem Diener pro Zug anzugreifen veränderte das Spielgefühl und machte das Spiel langsamer, doch durch den automatischen Angriff wurde die Aufstellung sehr entscheidend. Dadurch wurde das Spiel echtem Schach viel ähnlicher als einer normalen Hearthstone-Partie. Direkt danach probierten wir, die Bauern, Türme und Königinnen automatisch angreifen zu lassen. Die Läufer sollten so bleiben, wie sie sind. Die Springer mussten Spott nicht mehr ignorieren. Wir gaben ihnen Ansturm und ließen sie normal angreifen, um das Gefühl, über Felder zu springen, vermitteln zu können.

Wir spielten diese Version und die Spielmechanik war einfach toll. Die Heldenfähigkeit (einer Figur Angriff verleihen) war nicht mehr sinnvoll und viele Spezialkarten fühlten sich jetzt unnötig an. Es war schon fordernd genug, das Spielfeld zu verwalten. Deshalb nahmen wir alles andere heraus und testeten, ob das Spiel immer noch ein rundes Gefühl vermittelt. Auch die Heldenfähigkeiten wurden überarbeitet. Jetzt konnte der Spieler seine Figuren verschieben und somit eine gute Positionierung besser für sich nutzen.

In dieser Version ist wirklich viel passiert, aber das war sehr interessant. Von da an haben wir das Spiel angepasst, indem wir das Leben der Diener drastisch angehoben haben (Bauern hatten beispielsweise 1/2!), wodurch die Stellung der Figuren noch wichtiger wurde. Außerdem setzten wir das Leben des Helden auf 20 und die Heldenfähigkeit konnte wiederholt eingesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt merkten wir, dass die Partien zu einfach zu gewinnen waren. Der Kampf gegen Medivhs verzauberte Schachfiguren sollte kein fairer sein. Aus diesem Grund haben wir die Fähigkeit des feindlichen Helden verändert, mit der er jetzt einen eurer Diener zufällig vernichten konnte. Wir haben schnell gemerkt, dass der Spielspaß steigt, wenn nur eine bestimmte Position betroffen ist. Deshalb veränderten wir die Heldenfähigkeit so, dass sie ab da immer nur den feindlichen Diener ganz links vernichtete.

Zu diesem Zeitpunkt waren wir der finalen Version des Schachs schon sehr nahe. Nur war sie viel zu schwer! Die eigenen Ressourcen sind schnell ausgegangen und man hat häufig nur dadurch gewonnen, indem man den Gegner mit Springern schnell überwältigt hat (damals konnten die Springer noch Helden angreifen) oder indem man gewartet hat, bis die Erschöpfung den Gegner erledigt. Doch auch mit diesen Methoden war die Mission noch immer viel, viel zu schwer für den normalen Modus. Selbst wenn ihr mit der Begegnung vertraut gewesen seid, konnte es passieren, dass euch die Figuren zu schnell ausgehen, ihr auf dem Spielbrett zurückgedrängt werdet und dann verliert – ein ziemlich frustrierendes Erlebnis.

Aus diesem Grund haben wir den Angriff und das Leben der Diener etwas justiert, um die Schwierigkeit anzupassen und euch eine bessere Aufstellung zu ermöglichen – diese Schachversion haben wir heroisch genannt und dann an der normalen Version gearbeitet. Wir haben die Decks verdoppelt, damit Erschöpfung kein wirkliches Thema mehr ist. Außerdem haben wir die Entdecken-Mechanik aus der früheren Phase des Spieldesigns wieder ins Spiel gebracht und sie mit eurer Heldenfähigkeit verbunden, damit euch nicht so schnell die Ressourcen ausgehen und um gegen die feindliche Heldenfähigkeit zu bestehen.

Von hier an waren es nur noch ein paar kleine Stellschrauben, an denen wir zur Anpassung des Spieldesigns gedreht haben. Es hat uns nicht so gut gefallen, dass die meisten Spiele darauf hinausgelaufen sind, dass Springer den feindlichen Helden angreifen – man hatte das Gefühl, egal wie viel Arbeit man in die Aufstellung gesteckt hat, es zahlt sich nicht aus. Also haben wir die Springer so geändert, dass sie nur Diener angreifen konnten. Schließlich hat uns auch nicht gefallen, dass Partien im heroischen Modus oft mit mehreren Runden Erschöpfung ausgegangen sind – man konnte sich gegenüber dem Gegner einen kleinen Vorteil sichern und dann die Erschöpfung den Rest erledigen lassen. Also haben wir die Erschöpfung für die Begegnung ausgestellt, sodass ihr einfach verliert, wenn ihr keine Figuren mehr habt. Als wir die Spieländerungen dann getestet haben, wurde deutlich, dass das ein großes Problem war, weil keiner mit der Abschaffung von Erschöpfung gerechnet hatte. Spieler waren wütend, wenn sie einem Sieg ganz nah waren, nur um dann festzustellen, dass es eine neue Regel gab, die sie nicht eingeplant hatten. Anstatt Erschöpfung also völlig abzustellen, haben wir dem gegnerischen Deck von unten 15 Bauern hinzugefügt. Somit gab es keine neuen Regeln zu lernen, aber wir konnten die Begegnung dennoch so anpassen, wie wir es für richtig hielten.


All das geschah auf der Seite des Spieldesigns. Wir haben eine Reihe von Nachrichten in Form von Moroes Hinweisen hinzugefügt, sodass Spieler über die Abläufe Bescheid wissen, aber wir haben recht schnell festgestellt, dass das nicht ausreicht. Der wichtigste Schritt, die Begegnung verständlich zu gestalten, bestand darin, aussagekräftige Animationen zu implementieren. Sie mussten sehr schnell sein, da viele gleichzeitig ablaufen, und sie sollten ersichtlich machen, dass ein Diener zwei andere Diener angreift, wobei gleichzeitig der Aspekt der Positionierung deutlich wird. Zuerst haben wir es mit der normalen Angriffsanimation aus Hearthstone probiert – dabei rammt der Diener einfach den Gegner. Wenn der Angriff gegen zwei Diener gerichtet war, hat der angreifende Diener den Bereich zwischen ihnen anvisiert. Diese Animation war ziemlich gut, aber man hatte dabei das Gefühl, dass der angreifende Diener auch seinerseits Schaden erleiden müsste, genau wie im normalen Hearthstone. Also haben wir mit unterschiedlichen Projektilanimationen herumgespielt, bevor wir uns auf diese festgelegt haben: Der Diener bewegt sich leicht, um die Positionierung zu verdeutlichen, doch dann feuert er ein sehr schnelles physisches Projektil ab, wodurch deutlich wird, dass er selbst keinen Schaden durch den Angriff erleidet. Wir haben eine Weile an der endgültigen Animation gearbeitet, aber unterm Strich war sie sehr gelungen.

Als kleines Schmankerl haben wir dem Spielbrett noch ein leicht verändertes Aussehen gegeben. Am Ende haben wir uns dagegen entschieden, es umzusetzen, aber es sah doch ziemlich cool aus:

Chess_HS_Lightbox_EK_656x400.jpg

Tja, und das war's auch schon! Ich bin sehr zufrieden damit, wie sich die Schachbegegnung spielt – sie fühlt sich an wie eine Mischung aus Schach, Hearthstone, und Karazhan aus World of Warcraft. Wir haben ein paar Anläufe gebraucht, aber schließlich können wir mit dem Endergebnis wirklich zufrieden sein!


Hier könnt ihr mitdiskutieren!
0 Kommentare